sipgate am IPv6-Kabelanschluss

Sebastian
16.01.2014 101 4:25 min

Seit einigen Monaten häufen sich die Anfragen einiger Kunden, weil ihr Endgerät nicht immer zuverlässig klingelt. Und wenn die Anzahl der Beschwerden zu einem Thema zunimmt, schauen wir uns bei sipgate diese Probleme genauer an. Bei der Analyse fiel uns dann auf, dass vor allem Kunden von Kabelnetzbetreibern von diesem Symptom betroffen sind. Derzeit beschränkt sich der betroffene Kundenkreis hauptsächlich auf Kunden von Unitymedia. Und dies hat auch einen Grund. Seit Anfang 2013 vergibt Unitymedia seinen Neukunden nur noch IPv6-Adressen. Allerdings könnte es sein, dass Kunden von Kabel Deutschland bald vor ähnlichen Problemen stehen, da KD die Anschlüsse der meisten Kunden seit Dezember ebenfalls auf IPv6 umstellt.

Was ist das Besondere an IPv6?

Jeder Rechner, der direkt ans Internet angeschlossen ist, besitzt eine eindeutige Adresse, genannt IP-Adresse. In der seit Einführung des Internets genutzten Version IPv4 bestand eine Adresse aus 4 Zahlen zwischen 0 und 255 (Beispiel: sipgate.de hat die 217.10.79.9). Die daraus resultierende Menge an eindeutigen Adressen (ca. 3,7 Milliarden) ist seit 2012 allerdings annähernd erschöpft. Deshalb wurde für IPv6 die Länge der Adresse deutlich erhöht, weshalb in dieser Version nun rund 340 Sextillionen eindeutige Adressen zur Verfügung stehen.

Und warum betrifft das mich?

Ein Großteil des Internets basiert noch auf IPv4. Auch die sipgate-Server sind derzeit noch nur unter IPv4-Adressen erreichbar. Wenn jetzt aber ein Kunde von seinem Provider eine IPv6-Adresse zugewiesen bekommt, muss eine Übersetzung von IPv6 auf IPv4 vorgenommen werden. Und dies macht der Provider für seine Kunden, mit Hilfe einer Technologie namens Carrier Grade NAT (CGN). Und wie der Name schon sagt, ist das Verfahren ziemlich ähnlich zu dem, was auch normale Heimrouter machen. Seit Jahren betreiben viele Kunden ihre Endgeräte in lokalen Netzwerken mit nicht-öffentlichen IP-Adressen, und in fast allen Fällen funktioniert das einfach so ohne besondere Vorkehrungen, manchmal muss mit Portweiterleitungen oder ähnlichen Vorkehrungen nachgeholfen werden.

Alles gut sollte man meinen?

Leider nein. Wenn wir ein Endgerät hinter NAT erkennen, treffen wir von unserer Seite Vorkehrungen, um die Verbindung stabil zu halten. Dazu gehört z.B. auch, dass wir alle 15 Sekunden ein kleines Paket zum Endgerät schicken, um die Verbindung offen zu halten. Auch die Geräte an IPv6-Anschlüssen erkennen wir recht zuverlässig und „behandeln“ sie so. Zusätzlich bieten verschiedene Geräte, wie z.B. die FRITZ!Box eine Option, um die Verbindung in regelmäßigen Abständen am Leben zu halten.

In den von uns untersuchten Fällen hilft dies allerdings weder von unserer noch von Kundenseite. Beispielhaft möchten wir zwei Verbindungen zeigen.

register_unitymedia

Man sieht, dass beide Geräte sich regelmäßig bei uns registrieren. Allerdings ist im ersten Fall die Quell-IP bei jedem Versuch eine andere, im zweiten Fall bleibt zwar die IP gleich, der Port ändert sich aber ständig. Und diese Änderungen sind fatal für die Nutzung unserer Dienste. Für eingehende Verbindungen benötigen wir eine stabile Adresse und Port des Kunden, da wir genau dahin das Gespräch signalisieren. Ändert sich einer der beiden Parameter, bekommen wir die Änderung erst bei der nächsten Registrierung mit – also nach maximal 10 Minuten. Davor versuchen wir, die Gespräche an eine veraltete Adresse zuzustellen. Das Resultat ist nach 20 Sekunden Stille in der Leitung ein Abbruch der Verbindung oder das Einsetzen einer Weiterleitung. Eine solche Änderung von Parametern der Verbindung kann auch im normalen Betrieb z.B. durch Router-Reboots durchaus mal vorkommen, bei einer solchen Häufigkeit allerdings ist an eine sinnvolle Nutzung von Internettelefonie nicht zu denken.

Leider sind wir gegen diese Art von Verbindungszerstörung machtlos. Wir haben bereits versucht, mit Unitymedia Kontakt aufzunehmen, um uns des Problems gemeinsam annehmen zu können. Allerdings haben wir nicht eine Rückmeldung erhalten.

Was können Sie als betroffener Kunde tun?

Auch wenn wir von der Wirksamkeit nicht überzeugt sind, könnte das Senden von „Keepalive“-Paketen zum Aufrechterhalten der Verbindung helfen. Dazu bieten einige Endgeräte entsprechende Optionen. In der FRTIZ!Box heißt die Option „Portweiterleitung des Internet-Routers für Internettelefonie aktiv halten“ (nur im Expertenmodus sichtbar), bei snom-Geräten können Sie ein Keepalive-Intervall im Reiter „NAT“ festlegen. Auch verschiedene Grandstream-Geräte haben eine entsprechende Option. Hilfe bei der Einrichtung erhalten Sie natürlich auch bei unserer Kundenbetreuung.

Da das Problem aus unserer Sicht durch eine fehlerhafte Konfiguration des Carrier Grade NAT auf Seiten von Unitymedia hervorgerufen wird, kann es durchaus sinnvoll sein, dass Sie sich an Unitymedia wenden und um Abhilfe bitten. Vielleicht bekommt das Problem durch eine größere Anzahl von Kundenbeschwerden eine höhere Priorität bei Unitymedia. Wir würden es gern mit den Technikern von Unitymedia weiter analysieren und hoffen daher nunmehr auf eine Kontaktaufnahme seitens Unitymedia, um eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.

101 Kommentare


Alexander Schremmer:

Wäre die einfachste Lösung nicht ein Anbieten von IPv6-Diensten Ihrerseits?

Felix:

Also, da würde ich aber auch das Problem bei Sipgate sehen. Lieber keine 12,99 monatlich sauteure Rufnummer in Polen oder sonstwo bei Simquadrat und sich stattdessen auf Kernfunktionalität wie Erreichbarkeit fokussieren.
IPv6 sollte mittlerweile jede ernstzunehmende Firma nutzen. Wer da heute nicht hat, der sieht schon jetzt (wie in diesem Fall) ja nur noch die roten Leuchten des wegfahrenden Zuges von hinten. IPv6 ist jetzt Realität. Da muss Sipgate ne ordentliche Schippe drauflegen.

Werner:

IPv 6 und IPv 4,
Unitymedia oder Kabel Deutschland Kunden sind wir zwar nicht, was den Bereich Internet Zugang und Telefonie betrifft. Fernsehen läuft über Kabel. Mich als interessierten Sipgate/Simquadrat Kunde interessiert warum Sipgate nicht begonnen hat parallel IPv4 und IPv6 zu nutzen, oder ist ein Paralletbetrieb von IPv4 und IPv6 nicht möglich? Ich bin lediglich interessierte Laie.

Joe:

Warum ist sipgate nicht über IPv6 erreichbar? Klingt für mich so, als wäre da die Ursache des Problems zu sehen.

Florian:

Es freut mich sehr an dieser Stelle ein Statement zum Thema IPv6 zu lesen. Ich hoffe der Bedarf wurde erkannt und uns Kunden wird bald die Möglichkeit geboten auch IPv6 nutzen zu können.

Wir sind selber von der Problematik betroffen und hatten schnell festgestellt, dass die Option in der Fritz!Box nicht den erhofften Effekt hat.

Seit dem Umstieg auf IPv6 war es uns nicht mehr möglich eingehende Telefonate zwischen zwei sipgate-Teilnehmern anzunehmen. Seit dem 12. November funktionierten dann auch keine eingehenden Gespräche aus Fest- und Mobilfunknetz mehr. An dem Tag gab es laut @sgde_status eine Störung. Ob das im Zusammenhang steht kann ich nicht sagen. Wir hatten jedenfalls keinerlei Änderungen vorgenommen.

Mit dem Wegfall der Erreichbarkeit aus Mobil- und Festnetz wurde dann auch der Drang stärker eine Lösung für das Problem zu finden. Am liebsten natürlich, ohne uns von sipgate trennen zu müssen.

Dazu habe ich diverse Konfigurationen der Fritz!Box 7270 ausgetestet und (im äußerst beschränkten Rahmen der Möglichkeiten) auch versucht über Einstellungen am Kabelrouter eine Besserung herbei zu führen. Alle Versuche blieben dabei ohne Erfolg.

Schlussendlich konnte ich unser Problem dadurch lösen, dass ich Asterisk auf einem Raspberry Pi installiert habe. Der Raspberry sorgt für die Verbindung zu sipgate und die Fritz!Box verbindet sich nur noch zum Pi. Seit dem funktionieren ein- und ausgehende Telefonate bei IP, Festnetz und Mobilfunk wieder. So wie es scheint kann man also auch ohne Support von Unitymedia eine stabile Verbindung hinbekommen.

Ich frage mich jedoch, ob das wirklich so viel Fummelei sein muss. Das ist definitiv keine Lösung, die ich Freunden und Verwandten aufzwingen würde.

Ich hoffe deshalb, dass bald eine IPv6 Unterstützung kommt und ich sipgate wieder uneingeschränkt empfehlen kann.

Rene Bartsch, B. Sc. Informatics:

Komisch, vor zwei Jahren habe ich den Sipgate-Support vor genau dem Carrier-Grade-NAT-Problem gewarnt und eine zügige IPv6-Einführung angemahnt. Der Support meinte aber, IPv6 wäre noch nicht aktuell.

Carrier-Grade-NAT ist eine üble Krücke für den IPv4-Adressmangel. Ein Multi-Port-Protokoll, wie SIP, kann da nur scheitern. Kurzum, das Problem liegt nicht bei den Kabelnetzbetreibern.

Wer hat’s verschlafen? Sipgate.

Nehmt‘ Euch mal ein Beispiel an easybell, die können IPv6-SIP.

IPv6 wurde nebenbei vor SECHZEHN Jahren standardisiert – also mehr als reichlich Vorbereitungszeit.

Sorry, im Jahr 2014 habe ich einfach kein Verständnis mehr für Leute, die mit der selbsterfüllenden Prophezeiung „IPv6 kommt noch nicht“ das Internet kaputt machen. :-(

Arnt Gulbrandsen:

Sie haben jetzt drei Möglichkeiten: a) IPv6 unterstützen, b) mit jedem ISP immer neue IPv4/6-Probleme lösen, oder c) Sie können sich beklagen.

Sebastian:

Es stimmt natürlich, dass auch sipgate irgendwann IPv6 einführen muss – und natürlich wird dies auch zu gegebener Zeit passieren.
In diesem Fall löst es das Problem aber nicht: Unitymedia bindet seine Kunden an einen bestimmten Router. Auf diesem sind sämtliche VoIP-Funktionalitäten gesperrt. Dieser Router verteilt jedoch keine IPv6-Adresse, sondern eine private IPv4-Adresse. Ein per IPv4 angeschlossenes Endgerät wird aber keine IPv6-Verbindung zu unseren Diensten aufbauen. Es wird immer nach einer IPv4-Adresse fragen.

Oliver Herms:

Das ist doch so nicht ganz richtig. Sofern das Endgerät IPv6 kann und Sipgate IPv6 anbieten würde wäre das Problem gelöst da die Verbindung komplett über IPv6 laufen würde. Der Zeitpunkt dies umzusetzen war gestern.

mc:

„Wenn jetzt aber ein Kunde von seinem Provider eine IPv6-Adresse zugewiesen bekommt, muss eine Übersetzung von IPv6 auf IPv4 vorgenommen werden. Und dies macht der Provider für seine Kunden, mit Hilfe einer Technologie namens Carrier Grade NAT (CGN).“

In CGN kommt kein IPv6 vor.
zum nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Carrier-grade_NAT

Netmaster:

GANZ schlechter Artikel!

sipgate stellt sich immer als Vorreiter dar, hat es aber bis heute selbst nicht verstanden, IPv6 anzubieten!

Und nun wird über andere gemeckert und sipgate ist mal wieder nur der arme benachteiligte Drittanbieter.

Setzen – Sechs! Ihr macht euch immer lächerlicher in der Technik Welt, besser ihr lasst das bloggen :-)

Jens Link:

@mc: Evtl. sollte sipgate ja nochmal jemanden fragen der sich mit IPv6 auskennt. Der Artikel enthält noch mehr FUD.

Andreas:

Ich habe – wie viele meiner Vorredner – auch nur begrenztes Verständnis für die Beschwerde über UM. Diese Inkompatibilität kam alles andere als überraschend. Vor ca. 1 Jahr hat mich ein UM-Techniker vor einem Upgrade meines Anschlusses auf IPv6 gewarnt, weil dann vermutlich sipgate nicht mehr funktionieren würde. Diese Bedenken habe ich an den sipgate-Support weitergegeben, der sie offensichtlich nicht ernst genommen hat.

Soviel ich weiß, werden von UM im Geschäftskundenbereich immer noch reine IPv4-Anschlüsse vergeben. Dies könnte für die Übergangszeit eine Lösung sein.

Sascha:

Auch ich finde das sehr amuesant.
Es ist ja nicht so, das man sipgate (und vielen anderen Firmen) das nicht schon oft genug gesagt hat, das sie IPv6 unststuetzen sollten.
Genug VoIP Endgeraete und Anlagen tun das und wuerde auch problemlos hinter UM laufen.

Aber nein, lieber ueber Andere beschweren das jetzt – total ueberraschend!!!einss!!elf!! – manche Sites (de facto) IPv6 only haben (wegen broken NAT444/NAT64/ds-lite/whatever).

Wann ist denn „die gegebene Zeit“ fuer IPv6 bei sipgate Bitte?
Die richtige Antwort ist eigentlich „vor 10 Jahren“!

Als IT Berater freue ich mich dann immer wenn ich sagen darf: „Told you so!“

Matthias Wimmer:

Ich warte auch schon lange darauf, dass Sipgate einfach auch IPv6 anbietet. Mein Kabelrouter verteilt intern IPv6-Adressen und mein SIP-Telefon ist auch IPv6-fähig.
Abgehend telefoniere ich schon über einen anderen Anbieter, der SIP über IPv6 annimmt.

Micoto Szillat:

Es mag ja sein, dass einige Home-Router kein IPv6-Subnetz verteilen, weil der Provider keins durchgibt oder weil die Software es nicht unterstützt.

Aber deswegen keine Dienste über IPv6 anzubieten, grenzt an Sabotage. Schließlich gibt es genug Kunden, die Konnektivität haben und für die eine Abschaffung des NAT-Ungetüms von Vorteil wäre: Weniger Connection States, kürzere Wege bei Verbindungen.

Unitymedia meines Erachtens eine gute Wahl, wenn man einen Access Provider in Düsseldorf sucht. Leider muss man bei denen als Geschäftskunde IPv6 selber nachrüsten. Vielleicht solltet ihr einmal direkt miteinander reden.

tatonka:

„Unitymedia bindet Kunden an einen speziellen Router“

Auch diese Aussage ist falsch. Die Fritzbox 6360 Cable von Unitymedia ist optional, und über eine gesonderte Option zubuchbar. Im Regelfall bekommt man von UM ein DOCSIS3.0-fähiges Ciscomodem, und kann da dann jeden Router, den man möchte, dranhängen.

Markus:

Oje, der Artikel lässt einen doch schwer an der Professionalität von sipgate zweifeln…

Bernd:

“Unitymedia bindet Kunden an einen speziellen Router”

Also da muss ich auch einen grossen einwand einwerfen. Das stimmt nicht. Ich habe auch ein Modem und eigenen router. Wirklich eine unzureichende behauptung.